
Das Motto:

Das Arbeitsgerät:

Der Bus:

Die Truppe:

Die Dienstkleidung:

„Red Banger Racing“ ist nach einer roten Wurst benannt, die auf einem Alpencross vor vielen Jahren ihren Weg durch Svens Körper rückwärts fand. Und Sven soll nicht der einzige sein, der in diesem Posting kotzen muss.
Ich hatte also die Ehre, mit den Jungs von Red Banger Racing rund um die alten Bekannten Bertram und Urs im Acht-Mann-Team das 24 Stunden Rennen im Münchner Olympiapark zu fahren. Und weil ich so was schon immer mal machen wollte, habe ich natürlich nicht Nein gesagt.
Die Dinge nahmen also ihren Lauf: Standesgemäß leiteten wir das Rennwochenende mit Carboloading in der Breitensportvariante ein, soll heißen: ein gediegenes Pre-Race-BBQ in Urs’ und Sarahs Garten mit ausreichend Hellem.
Als wir bemerkten, auf der offiziellen Starterliste vergessen worden zu sein, hofften wir kurz, doch nicht fahren zu müssen. Dies erwies sich jedoch als frommer Wunsch und so durfte Urs den Teambus doch direkt in die Ostkurve des Olympiastadions stellen, umgeben von Menschen mit eigenen Physiotherapeuten, mitgebrachten Massageliegen und Spinning-Bikes (nein, keine simplen Rollen, ganze Spinningräder) zum Warmfahren. Also genau unser Klientel. Sarah stellte das Radler kalt und wir fühlten uns wie zu Hause.
Um 11.30 Uhr ging dann das Rennen los. Klaus startete und ich stellte mich in die Wechselzone. Sehr nette Menschen dort. Der Durchschnittssportler hatte hier mit Ellbogen und reichlich Verbalattacken zu arbeiten, bis der Teampartner durchs Marathontor in die Wechselzone kam. Dann schnell aufgesprungen, noch ein, zwei Nettigkeiten ausgetauscht („Jetzt mach schon, Du Idiot!“) und los geht’s. Sowieso war dieses Rennen, so cool auch das Fahren an sich war, atmosphärisch das angespannteste, was ich bis jetzt erlebt habe. Die Rangeleien in der Wechselzone sollten auch bei fortgeschrittener Renndauer nämlich nicht besser werden und auch sonst waren ein paar echt unentspannte Typen von der Partie – so zum Beispiel die Pflaume im Zelt neben uns, die ihren Betreuer nach allen Regeln der Kunst in die Ecke gestellt hat, nur weil der kurz den Ersatzakku für Chefs Funzeln suchen musste. Oder der Mensch, nein, ich nenne keine Namen, der uns als Kindergarten bezeichnete, nur weil wir im Achterteam fahren.
Achso, ich wollte ja noch sagen, wie schlimm es war – und wie die Strecke war. Zuerst zur Strecke: Besser als gedacht. Schnell, winklig und dadurch auf ihre Weise wieder anspruchsvoll. Und jetzt das Schlimme: Mein Unheil nahm ab der zweiten Runde, also meiner ersten, seinen Lauf. Auf der zweiten Abfahrt habe ich meine Trinkflasche verloren und um die Zeitvorlage für die erste Wertungsrunde nicht kaputt zu machen, bin ich natürlich weitergefahren. Normalerweise ist das auch vertretbar, waren es doch nur noch sieben Kilometer bis zum Wechsel, doch diesmal hatte ich eindeutig falsch eingeschätzt, wie sehr mir die unglaublich heißen Bedingungen (30 Grad im Schatten und über die meisten Streckenteile pralle Sonne) zu schaffen machen sollten. Entsprechend fühlte ich mich dann auch im Ziel: Meine Atemwege waren komplett ausgetrocknet und ich habe erstmal eine Stunde rumgehustet. Außerdem kündigten sich Kopfschmerzen an, die ich mit einer Tablette zu bekämpfen versuchte. Meine nächsten beiden Runden am späten Nachmittag machten die Sache nicht besser. Ich legte mich also hin, nahm noch eine Tablette, aß etwas. Dann kam die Übelkeit und ich konnte plötzlich (dies sollte für einige Stunden so bleiben) nichts mehr trinken – was bei einem Hitzerennen eher von Nachteil ist. Ich hielt mich in Laufdistanz zum, auch nicht gerade appetitlichen, Klo und war vollkommen verzweifelt. An Fahren war nicht mehr zu denken. Dem Team nützte ich so nichts mehr und Spaß am Rumhängen im Fahrerlager hatte ich natürlich auch nicht mehr. Meine einzige Chance auf Besserung vermutete ich in der heimischen Dusche und einem Bett. Das würde mich zwar um meine Nachtschichten bringen, aber die Möglichkeit bedeuten, am nächsten Tag wieder antreten zu können. Ich war also wirklich gtraurig, das Team im Stich lassen zu müssen, und extrem schlecht gelaunt, als ich einige Zeit nach Anbruch der Dunkelheit die Strecke verließ. Nach Hause habe ich es auf wackligen Beinen dann gerade noch geschafft, bevor ich mich noch einmal mit den zwei Tellern Nudeln von vor drei Stunden befasst habe. Lecker Pasta Racing. Daraufhin fiel ich in einen totengleichen Schlaf, den mein Körper einmal um 5 und schließlich um 7 für beendet erklärte. Kurzer Check: Übelkeit weg, Kopfschmerzen weg, ab in den Olympiapark. Und was war los? Klassischer Fall von Sonnestich, denke ich.
So konnte ich am zweiten Renntag noch drei Runden und die verkürzte Schlussrunde bis auf den Coubertinplatz fahren. – Was auch wirklich gut lief. Je genauer man die Strecke kannte, desto besser wurde sie. Und plötzlich, in irgendeiner meiner letzten Runde kurz nach der Ausfahrt aus dem Waldtrail tauchte das Regenbogentrikot vor mir auf. Hach, dass ich das noch erleben darf! War ich doch tatsächlich als frischer Achterfahrer mit zudem reichlich Schlaf in der vergangenen Nacht auf den Weltmeister im 24-Stunden-Solo-Rennen, Ives Verbruggen, aufgefahren. Verständlicherweise war der Gute schon ziemlich am Arsch, schließlich war er zu diesem Zeitpunkt schon weit über 400 Kilometer solo unterwegs, was ich einfach mal vollständig krass finde. Ein Schulterklopfen, eine Anfeuerung, ein nettes Dankeschön und vorbei war die denkwürdige Begegnung. Ich enteilte, der Weltmeister blieb hinter mir im Staub und ist doch ein Radsportheld wie ich es nie sein werde – riesengroßer Respekt nicht nur vor seiner Leistung, sondern auch vor der aller Solofahrer.
Insgesamt haben wir 47 Runden zurückgelegt, was 512 Kilometern und einer Mittelfeldplatzierung entspricht. In der Nacht lief es bei den Jungs wohl ganz gut, auch wenn wir einen Kettenriss hatten, ein Wechsel nicht klappte und durch meinen zeitweisen Ausfall eben ein Mann weniger zur Verfügung stand.
Das größt mögliche Dankeschön geht an Urs und Sarah, die von der Anmeldung über den Fahrerlagerbus bis zum Pre-Race BBQ alles perfekt organisiert haben – Ihr seid echt super! Unsere Support-Mädels waren ebenfalls perfekt, Ihr habt an der steilen Grasrampe ganze Arbeit geleistet und wart auch sonst eine Riesenhilfe. Und dem Rest der Truppe sei gesagt: Fucking perfect team! Ihr seid der Hammer! Noch besser wäre es, für mich, natürlich gewesen, wenn Petra hätte dabei sein können.
Theoretisch wäre in zwei Wochen das nächste Rennen. Doch gerade verspüre ich leider akute Rad-Unlust. Außerdem kam die Fifa auf die dumme Idee, auf den gleichen Tag ein WM-Endspiel zu terminieren. Ich denke, ich werde besseres vorhaben, als im Kreis zu fahren.
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